Ein Großteil der Bevölkerung in
Deutschland spürte 2009 durch
die Finanz- und Wirtschaftskrise
keine negativen Auswirkungen
auf die persönlichen Lebensumstände. Der
Arbeitsmarkt entwickelte sich mit durchschnittlich
3,4 Millionen und einer Zunahme
von nur 155.000 Arbeitslosen im Jahr 2009
überraschend robust. Rund eine Million
Menschen wurden im Jahresschnitt
durch Kurzarbeit
vor Arbeitslosigkeit bewahrt.
Den privaten Konsum stützte
zudem eine historisch niedrige
Inflationsrate von 0,4 %. Sinkende
Preise insbesondere
bei Mineralölprodukten
und Lebensmitteln förderten
die Kaufkraft
der Konsumenten.
Entsprechend stieg
die im Rahmen der
GfK-Konsumklimastudie
erhobene
Anschaffungsneigung
von Januar
bis September
2009 deutlich an.
Im internationalen Vergleich zeigte sich der
deutsche Konsument dabei als Optimist
Europas: Während hierzulande im Jahresdurchschnitt
2009 die Anschaffungsneigung
einen Wert von +21 Indikatorpunkten aufwies,
ergab die gleiche Befragung in Italien
einen Wert von -26 Punkten, in Großbritannien
-40 und in Frankreich sogar -45
Indikatorpunkten. Das Konsumklima
in Deutschland musste erst
im Spätherbst einen Dämpfer
hinnehmen.
Die wachsende Angst vor Arbeitslosigkeit
sowie vor steigenden Energiepreisen dämpfte
gegen Ende des letzten Jahres das Konsumklima
der deutschen Privathaushalte.
Verhaltene Konsumaussichten
für das
Jahr 2010
Zu Beginn des Jahres 2010 gehen die Verbraucher
in Deutschland davon aus, dass sich
der Erholungsprozess der Wirtschaft weiter
fortsetzt, allerdings mit abgeschwächter
Dynamik. Diese Beurteilung deckt
sich mit den Prognosen der
führenden Wirtschaftsinstitute.
Konsumentenund
Experten rechnenim
laufenden Jahr
allerdings mit einer Verschlechterung
auf dem Arbeitsmarkt.
Auch die Preisentwicklung
für das Gesamtjahr wird weniger
optimistisch beurteilt, obwohl die Rabattaktionen
des Handels zu Jahresbeginn
für
eine steigende Anschaffungsneigung sorgten.
Staatliche Konjunkturpakete wie die
Erhöhung des Kindergelds beziehungsweise
des Kinderfreibetrags sowie die verbesserte
Absetzbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen
werden den Verbrauchern im
Jahr 2010 Entlastungen bringen. Gleichzeitig
drohen aber eine etwas höhere Inflation
und diverse Mehrbelastungen durch
Krankenkassenzusatzbeiträge und steigende
kommunale Gebühren. Die GfK erwartet
im Jahr 2010 eine Stagnation beim Konsum
der Privathaushalte, aber keinen Rückgang.
Die Einschränkungen
beim Konsum werden
voraussichtlich in
der zweiten Jahreshälfte
zum Tragen
kommen.
Angst vor Arbeitslosigkeit
belastet
den Konsum
Arbeitslosigkeit und die konkrete Angst
davor verändern das Konsumverhalten der
Menschen deutlich. Bei den Gütern des täglichen
Bedarfs reduzieren die betroffenen
Haushalte ihren Konsum um rund 10 %.
Drohende Arbeitslosigkeit lässt die Verbraucher
aber nicht nur weniger ausgeben,
sie legen auch mehr Geld für schlechte Zeiten
zurück. Dieses „Vorsichtssparen“ beeinträchtigt
den Konsum zusätzlich.
2009 waren rund 23 % der deutschen Haushalte
direkt von Arbeitslosigkeit betroffen
oder hatten konkrete Angst davor, arbeitslos
zu werden. Für das Jahr 2010 erwartet die
GfK einen Anstieg dieser krisenbetroffenen
Haushalte auf rund 27 %. Eine gleichgroße
Zahl an Haushalten ist nach GfK-Schätzung
im Jahr 2010 krisengefährdet.
Diese Haushalte versuchen,
ihre Einkaufspräferenzen
zu halten, nutzen
aber verstärkt
Sonderangebote.
Immerhin rund
46 % der deutschen
Haushalte
sind als krisenresistent
einzustufen, ein Prozentpunkt
weniger als noch im Vorjahr. Der
Konsum dieser Haushalte leidet durch die
Krise nicht und wird durch günstige Angebote
eher noch gefördert. Gleichzeitig steigen
in dieser Verbrauchergruppe die Erwartungen
an Produktqualität und Hersteller.
Nachhaltigkeit, fairer Handel und die soziale
Verantwortung der Unternehmen beeinflussen
die Kaufentscheidungen der krisenresistenten
Haushalte immer stärker.
Gewinner und Verlierer
der Krise
Die Einschränkungen beim privaten Konsum
spürte im letzten Jahr die Gastronomie
am deutlichsten. Der Außer-Haus-Konsum
sank laut GfK-Schätzung wertmäßig um
rund 8 %. Die Krise veranlasste die Verbraucher
dazu, ihre Aktivitäten stärker auf
die eigenen vier Wände zu konzentrieren.
Hiervon profitierte der Lebensmitteleinzelhandel,
der zwar einen Umsatzrückgang
von rund 1 % hinnehmen musste, dies aber
hauptsächlich durch Preissenkungen selbst
bedingte. Die stärkere Fokussierung auf das
eigene Zuhause, das sogenannte „Homing“,
zeigte sich besonders deutlich bei Baumärkten.
Ihr Umsatz stieg im letzten Jahr um
2 %. Auch die Unterhaltungselektronikbranche
profitierte und hielt ihren Umsatz
auf Vorjahresniveau.
Das Homing begünstigte einige Warengruppen
besonders. So verschönerten sich
im Vergleich zum Jahr 2008 rund 7 % mehr
Haushalte das Wohnambiente mit einem
offenen Kamin oder Kachelofen. Der
Umsatz mit Pflanzen legte um 7 % zu, der
mit Gartenmöbeln und Gartendekoration
um 4 %. Auch das Segment der Elektrokleingeräte
profitierte mit einem Umsatzplus
von rund 5 %. Treiber waren hier speziell die
Espresso-Kapselsysteme mit einer Umsatzzunahme
von knapp 14 %, Kaffee-Vollautomaten
mit 9 % und Bodenstaubsauger mit
einer Umsatzsteigerung von 6 %. Ebenfalls
positiv entwickelten sich alkoholische
Getränke. Um rund 2 % stieg der Absatz bei
Sekt. Spirituosen legten im letzten Jahr bei
den verkauften Mengen um 1 % zu, wertmäßig
sogar um rund 3 %. Hier profitierte
der Einzelhandel vom rückläufigen Außer-
Haus-Sektor.
Der Trend zum Homing wird sich auch
2010 auf den Konsum auswirken. Beim
Außer-Haus-Konsum erwartet die GfK
einen weiteren Rückgang, im Lebensmitteleinzelhandel
einen Umsatz in etwa auf
Vorjahresniveau. Die Unterhaltungselektronik
wird durch die Fußballweltmeisterschaft
zusätzliche Impulse erfahren. Baumärkte
dürften ihre positive Entwicklung
ebenfalls fortschreiben.
Krise verändert Werteorientierung
der Verbraucher
Neben den monetären Effekten veränderte
die Finanz- und Wirtschaftskrise auch die
Werteorientierung der Verbraucher. Gerade
im Bereich der Finanzdienstleistungen hat
sich blindes Vertrauen als falsch erwiesen.
Als Konsequenz sind die Konsumenten vorsichtiger
geworden; Vertrauensvorschuss
geben sie seltener. Aber
auch das eigene Denken
und Handeln wird
stärker hinterfragt. Eine der
wichtigsten Erkenntnisse bei
den Verbrauchern kann mit dem
Motto „Gier frisst Hirn“ umschrieben
werden. Bewusster konsumieren,
Qualität statt Quantität, der Verzicht
auf Überflüssiges und sich auch
über die kleinen Dinge zu freuen sind
die neuen Trends bei den Verbrauchern.
Diese Veränderung in der Werteorientierung
eröffnet neue Möglichkeiten. Speziell
für gesellschaftlich verantwortungsvoll
agierende Unternehmen, Traditionsmarken
und heimische Produkte wird qualitatives
Wachstum zur großen Chance im
Jahr 2010.
Zurück zu: Aufsichtsratsbericht